Shopify Rechtstexte vom Händlerbund
Ein Interview mit Rechtsexpertin Sandra May über Shopify und die größten Herausforderungen beim Thema Rechtssicherheit
Als Online-Händler muss man sich früher oder später mit dem Thema „Rechtssicherheit” beschäftigen. Dabei sind AGB, Datenschutzerklärung und Co keine Themen, mit denen man sich als Laie gerne außeinandersetzt.
Um so mehr weiß ich das Angebot des Händlerbundes zu schätzen, der fair bepreiste Leistungen für Online-Händler anbietet und außerdem eng mit Shopify zusammenarbeitet.
Sandra May arbeitet seit September 2018 als juristische Expertin für den Händlerbund. Nach dem Abschluss ihres Referendariats wagte sie den eher unklassischen Sprung in den Journalismus. Juristische Sachverhalte anschaulich und für Laien verständlich zu erklären, ist genau ihr Ding.
Im Interview verrät sie uns die häufigsten Fettnäpfchen in die Online-Händler tappen und wie häufig es tatsächlich zu Abmahnungen kommt.
Was sind neben Impressum und Datenschutzerklärung weitere rechtliche Basics, die ich als Online-Händler unbedingt beachten sollte?
Online-Händler treffen zahlreiche Informationspflichten. Dazu gehört beim Verkauf an Verbrauchern beispielsweise auch die korrekte Widerrufsbelehrung. Auch auf die richtige Darstellung der Versandkosten muss geachtet werden. Ein simples „Versand auf Nachfrage” reicht nicht aus und ist sogar rechtswidrig.
In welche Fettnäpfchen tappen viele Online Händler, die leicht zu vermeiden wären?
Zu den häufigsten Fehlern zählt die veraltete Widerrufsbelehrung. Seit 2014 gilt das neue Widerrufsrecht und leider benutzen viele Händler noch veraltete Texte. Ein weiterer häufiger Fehler ist das Werben mit Selbstverständlichkeiten. Sicherlich meinen es Händler nur gut, wenn sie ihren Kunden beispielsweise über das Vorhandensein des CE-Zeichens informieren; tatsächlich handelt es sich aber um eine irreführende Werbung, denn: Durch die Angabe dieses Umstandes rühmt sich der Händler mit einer Sache, zu der ohnehin per Gesetz verpflichtet ist. Er ist also nicht besser als die Händler, die diesen Fakt nicht extra erwähnen.
Wie häufig kommt es tatsächlich zu einer Abmahnung und aus welchem Grund?
Laut der aktuellen Abmahnumfrage des Händlerbundes hat etwa jeder fünfte Händler im Jahr 2018 mindestens eine Abmahnung erhalten. Davon haben fast ein Drittel sogar zwei Abmahnungen bekommen. Die Gründe sind sehr vielfältig.
Die Abmahngebühren liegen dabei häufig im vierstelligen Bereich, wenn der Abmahnende einen Anwalt mit der Verfolgung des Rechtsverstoßes beauftragt.
Erfahrungsgemäß stützen sich die meisten Abmahnungen auf den fehlenden OS-Link und veraltete Rechtstexte. Aber auch das Werben mit Selbstverständlichkeiten oder pauschale Garantieangebote sind fast wöchentlich zu verzeichnen. Neu sind seit diesem Jahr auch Abmahnungen wegen Verstößen gegen das Verpackungsgesetz. Dieses ist seit 01.01.2019 aktuell und die öffentlich einsehbare Datenbank LUCID offenbart den Konkurrenten Gesetzesverstöße.
Die Abmahngebühren liegen dabei häufig im vierstelligen Bereich, wenn der Abmahnende einen Anwalt mit der Verfolgung des Rechtsverstoßes beauftragt. Kostengünstiger sind da die Abmahnungen von Verbänden, wie etwa dem IDO oder dem Verband sozialer Wettbewerb. Diese liegen bei rund 200 bis 300 Euro.
Die 3 häufigsten Abmahngründe
- veraltete Widerrufsbelehrung & Rechtstexte
- Werben mit Selbstverständlichkeiten
- Verstöße gegen das Verpackungsgesetz
Shopifys Server stehen in Kanada. Ist das für Online-Händler in Deutschland relevant?
Daten dürfen laut der DSGVO nach der sogenannten Zwei-Stufen-Prüfung verarbeitet werden. Auf der ersten Stufe muss erst einmal überhaupt eine gesetzliche Erlaubnis zum Verarbeiten von Daten bestehen. Die zweite Stufe ist der Knackpunkt dieser Frage: Beim Transfer von Daten auf einen Server, der in einem sogenannten Drittstaat – also dem europäischen Ausland – steht, muss ein angemessenes Datenschutzniveau herrschen.
Dieses Datenschutzniveau kann beispielsweise durch allgemeingültige Angemessenheitsbeschlüsse der Europäischen Kommission festgestellt werden. Gibt es einen solchen Beschluss, so darf der Unternehmer Daten in ein Drittland exportieren, ohne dabei weitere Garantien liefern oder zusätzliche Bedingungen erfüllen zu müssen. Für Kanada besteht ein solcher Beschluss.
Was sollte ich bei der Auswahl meiner Apps als Händler unbedingt beachten?
Diese Frage lässt sich pauschal nicht beantworten. Werden personenbezogene Daten durch Dritte verarbeitet, sollte in jedem Fall geprüft werden, ob die Verarbeitung bei dem Dritten den europäischen Datenschutzgesetzen entspricht. Außerdem ist ein Auftragsdatenverarbeitungsvertrag notwendig.
Die Tendenz bei Gründern und Startups geht zur Arbeit in der Cloud, bzw. nutzen viele keine klassische Software, sondern sogenannte SaaS-Modelle. Anhand welcher Kriterien kann ich hier als Laie entscheiden, ob die Benutzung dieser Tools Datenschutzrechtlich konform ist?
Zum einen sollte der Anbieter ohne Probleme einen Datenverarbeitungsvertrag bereitstellen können. Weitere Indizien für die Seriosität einer solchen Plattform sind die Datenschutzerklärungen: Diese müssen in einfacher und verständlicher Form abgefasst werden. Das bedeutet: Verstehen Sie beim Lesen der Datenschutzerklärung nur Bahnhof, ist dies ein starkes Indiz für eine nicht-DSGVO-konforme Datenverarbeitung.
Eine Frage, die Ich sehr häufig von meinen Kunden höre, ist folgende: Wenn ich mein Onlineangebot nicht nur in Deutscher Sprache anbiete, sondern auch auf Englisch: müssen dann auch meine Rechtstexte in Englisch vorliegen?
Wer sein Geschäft an Verbraucher in anderen Mitgliedstaaten richtet, sollte auch deren Sprache verwenden. Zumindest muss allerdings ein deutlicher Hinweis erfolgen, dass die Vertragssprache beispielsweise deutsch ist. Auf der sicheren – und auch kundenfreundlicheren – Seite ist der Händler allerdings, wenn er seine Rechtstexte übersetzt. Schließlich profitiert auch er davon, wenn die Kunden verstehen, was im Vertrag steht. Das EU-Beratungsgremium in Datenschutzfragen empfiehlt hinsichtlich der DSGVO die Ansicht, dass die datenschutzrechtlichen Informationen in diesem Fall auch auf Englisch abgefasst sein sollten.
"Abandoned Cart E-Mails" waren bis zum in Kraft treten der DSGVO ein großer Trend. Gibt es einen Weg, rechtskonform E-Mails an Warenkorbabbrecher zu verschicken?
Die E-Mails wegen Kaufabbrüchen sind nicht erst seit der DSGVO kritisch: Laut dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) dürfen Werbe-E-Mails nur mit vorheriger ausdrücklicher Einwilligung des Adressaten erfolgen. An dieser fehlt es häufig, wenn ein Kunde den Kauf vorher abbricht, bevor er überhaupt auf die Seite kommt, wo er der Verwendung der E-Mail-Adresse zu Werbezwecken zustimmen darf.
Die E-Mails wegen Kaufabbrüchen sind nicht erst seit der DSGVO kritisch
Das UWG sieht zwar auch eine Ausnahme vor, diese trifft auf diesen Fall aber nicht zu: Bei der sogenannten Bestandskundenwerbung dürfen Personen, die schon einmal etwas erworben haben, unter sehr strengen Voraussetzungen Werbe-E-Mails zu ähnlichen Waren oder Dienstleistung auch ohne Einwilligung zugeschickt werden. Diese Ausnahme gilt hier allerdings nicht, da jemand, der den Kauf abbricht, schlicht und einfach kein Bestandskunde ist.
Oft höre Ich in diesem Zusammenhang Aussagen wie "Wenn mir dieser Rechtsverstoß so und so viel Umsatz bringt, dann zahle Ich die Abmahnung aus der Portokasse!". Wie stehen Sie zu solchen Aussagen?
Solcherlei Aussagen sind sehr kritisch zu betrachten. Die Regeln sollen einen fairen Wettbewerb untereinander garantieren. Der funktioniert aber nur, wenn sich alle daran halten. Hinzu kommt noch, dass eine Abmahnung stets mit dem Unterschreiben einer strafbewehrten Unterlassungserklärung einhergeht.
Das bedeutet: Wird der Rechtsverstoß nicht abgestellt, drohen Vertragsstrafen. Wirklich lohnenswert ist das Ignorieren von gesetzlichen Vorschriften wahrscheinlich nur für große Konzerne; für kleine und mittelständische Unternehmen wird sich das nicht wirklich rechnen.
Ihr bester Freund eröffnet seinen ersten Onlinestore. Welchen rechtlichen Ratschlag geben Sie Ihm mit auf den Weg?
Wer einen rechtssicheren Shop aufbauen möchte, kommt um professionellen Rechtsrat kaum drum herum. Die größte Herausforderung nach dem Erstellen eines Shops ist es, auf dem neuesten Stand des Rechts zu sein. Gerade auf EU-Ebene sind viele Themen immer wieder im Wandel.
Wer einen rechtssicheren Shop aufbauen möchte, kommt um professionellen Rechtsrat kaum drum herum
Zwar gibt es im Internet viele kostenlose Angebote rund um Rechtstexte und Co; diese Angebote sollten allerdings kritisch betrachtet werden: Zum einen kann sich der Händler nie sicher sein, dass die Texte auch tatsächlich auf dem rechtlich aktuellen Stand sind, zum anderen gibt es niemanden, an den der Händler herantreten kann, sollten die Texte falsch sein.
Kommt wegen eines solchen Textes eine Abmahnung ins Haus geflattert, kann in den wenigstens Fällen der Anbieter der kostenlosen Texte haftbar gemacht werden. Bei bezahlten Rechtsservices haftet der Ersteller aber für die Richtigkeit und kann im Falle eines Fehlers herangezogen werden.
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